11 comments/ 44887 views/ 4 favorites Dunkle Hochzeit Ch. 01 By: PoppingTom Dana sah einen Moment lang in den Spiegel, lachte sich kurz an, gab ihren Spiegelbild ein Küsschen, und war wieder vollends zufrieden mit sich und der Welt. Man musste sie einfach lieben. Sie, 20 Jahre altes Kind von chinesischen Einwanderern, hatte irgendwie einen leuchtenden Ausdruck von Seele in ihrem Gesicht, der sie von ihren Geschwistern, die meist recht in sich gekehrt, bisweilen verbissen ehrgeizig wirkten, recht deutlich unterschied . Vielleicht, weil sie als einzige in der Familie ganz hier aufgewachsen war, hier in Amerika, dem freien, wilden Land, wo alles möglich ist. Sie hatte der Versuchung widerstanden, ihr Haar zu gelen und zu dauerwellen und damit wie eine asiatische Klapperdürr-Kopie von Faith Evans auszusehen, ihr Haar war leicht, geföhnt, luftig und locker, und wie sie so lagen, wirkte ihr Kopf, als ob er leicht glühen würde. Es machte Spass, mit den Händen immer wieder durch zu gehen und diese hauchdünne Leichtigkeit zu spüren. Ihre süssen, offenen, lachenden schwarzen Augen glühten mit den Haaren um die Wette. Ihre Lippen waren recht dünn, aber ihr Lachen war wie ein kleiner Kuss. Seit einer Woche arbeitete sie schon hier, in der Boutique „Lasgo's“in der 18th Street bei Pilsen, direkt neben der Hochbahn, die ins Innere von Chicago führte. Sie mochte den Laden, sie mochte die Arbeit, und der Inhaber versprach, gut zu zahlen, das war ja fast ein kleiner Traum. Sie konnte sich verkriechen in ihre Arbeit, der Anblick der ganzen Sachen und die Tatsache, dass sie sich den ganzen Tag damit beschäftigen musste, beruhigten ihre Seele. Verglichen mit der Strasse, auf der sich der Laden befand, war es hier schön sauber. Verdammt sauber. Es war hier so sauber, dass man auf den blanken Fussboden schlafen, vom Küchentisch ohne Teller essen wollte. In dieser Sauberkeit fing man an, seinen Körper zu spüren. Ob man einen Slip für 20 oder einen für 200 $ an hatte, nirgendwo schien man das so deutlich zu spüren wie hier. Das einzige, was in ihr ein komisches Gefühl auslöste, war der Besitzer. Ein weisser Kerl Mitte 30, der sich immer schwarz kleidete. Schwarze Hose, manchmal Jeans, manchmal Leder, Polohemd oder T-Shirt oder Rollo, aber immer schwarz, und immer mit einen Gürtel, der sichtbar nicht von der billigen Sorte war. Sein Gesichtsausdruck war schwer einzuordnen. Um arrogant zu sein, wirkte er zu feinfühlig, für Verachtung oder Hass wirkte er zu interessiert, für versteckte Lüsternheit, aber auch für Verzweiflung, die sein Blick manchmal auszudrücken schien, wirkte er zu beherrscht. Dominant, das traf es wohl noch am ehesten. Nur eben ruhig dominant. Er durchbohrte sie mit seinen Blicken, er zog sie nicht einfach aus, er gab ihr das Gefühl, jeden noch so kleinen Fehler zu erkennen, selbst wenn sie sich sicher war, alles richtig zu machen. Damals, als sie sich hier vorstellte, da hatte er sie lange so angeguckt, und sie war regelrecht in dem Boden versunken, hatte plötzlich da Gefühl, diesem Job nicht gewachsen zu sein, war sich sicher, ihn nicht zu kriegen. Als er dann plötzlich seine Konditionen sagte und meinte „Ich seh dich dann Montag“, da wäre sie ihn am liebsten um den Hals gefallen und hätte ihn abgeknutscht. Er sah durchaus gut aus. Eigentlich, wenn er so locker vor ihr stand, sah er richtig zum Anbeissen aus. Er hatte was von Brian Molko, den Sänger von Placebo, aber wo dieser sensibel, androgyn und ein bisschen intellektuell wirkte, da wirkte Robert, wie er hiess, düster und wütend wie ein Pitbull. Es war diese leichte Wut in seinem Gesicht, die sie faszinierte. Es war eine Wut, in die man sich verlieben konnte. Die man knuddeln und beruhigen wollte. Doch sie sah, dass jeder Versuch von ihr, die Situation etwas aufzulockern und ihm etwa näherzukommen, nur dazu führte, dass er abblockte, unnahbarer wurde. Als ob er sie nicht wolle. Ja, wenn sie wenigstens gewusst hätte, dass er nichts von ihr wollte. Aber genau darüber war sie sich mit der Zeit immer weniger sicher. Es gab so diese Momente, wo er nach ihr guckte, und sie ihn genau in die Augen sah. Und sie sah dort mehr als Interesse an ihrer Arbeit. Ein glühendes, geradezu verzehrendes Verlangen. Mehr als einmal gab es diesen Moment, wo sie sich beide ansahen, und die Zeit schien für einen Augenblick stillzustehen, und zwischen ihren Blicken bildete sich eine mysteriöse Sorte Antimaterie, die irgendwo in einer von vier Dimensionen eine Art Implosion mit unglaublicher Sogwirkung losknallen lies, die sie beide nicht sehen, sondern nur spüren konnten, das aber mit solcher Wucht, dass es sie jedesmal fast umhaute und sie sich unweigerlich fragte: Was um Himmels Willen war das grade? Er bekam es durchaus auch mit. Aber letztendlich blickte er immer wieder weg. Nicht uninteressiert, sondern resigniert, verärgert. Sie hatte deshalb eines Tages beschlossen, etwas weniger aufreizend zur Arbeit zu kommen. Aber vielleicht hatte sie es auch übertrieben. Sie kam in Armeehosen, weissen „Zoo Safari“-Schlabber-T-Shirt, auf dem demonstrativ ein brauner, dreckig wirkender Tatzenabdruck zu sehen war, in Schnürstiefeln und mit bemüht hilflos unordentlich hochgesteckten Haaren. Doch nach ein paar Schritten in dieser Boutique, wo sie selbst schon merkte, dass diese Sorte Kleidung irgendwie nicht hier hineinpasste, war er angekommen, hatte sich breitbeinig vor sie gestellt, irgendwie grimmig, irgendwie leicht belustigt geblickt und ganz langsam und deutlich zu ihr gesprochen. „So, Mädchen, und jetzt drehst du dich um und fährst ganz schnell nach Hause. Und wenn du wiederkommst, will ich dich in etwas ordentlichem sehen, was deine Beine zeigt. Ich will Haare sehen, als ob du gleich mit deinen Freundinnen ins Vision gehst, und nimm bloss diesen pinken Lippenstift ab, der entstellt dich richtig. Am besten gar keinen Lippenstift. Hast du mich verstanden ?“ In den Schreck, dem Gefühl, beinahe den Job verloren zu haben, hatte sich kurzzeitig ein anderes gemischt. Dieses ruhige, dominante, absolute von ihm hatte etwas, was sie da unten zwischen ihren Schenkeln fast ein bisschen feucht vor lauter Schuldigkeit machte. Er hätte genausogut sagen können „So, und jetzt leckst du mir erstmal die Füsse“, sie hätte es wahrscheinlich gemacht. Sie schluckte kurz, merkte ihre Schwäche, am liebsten hätte sie ihn geküsst. Dann ging sie raus. Sie war wie paralysiert, während sie sich zuhause umzog, und erst als sie wieder an der Boutique auftauche und sein entspanntes Gesicht sah, fiel ihr regelrecht ein Stein vom Herzen. Manchmal wünschte sie sich doch noch jemand weiteren in der Boutique. Zum Quatschen. Zum Auflockern. Sie konnte jeden Tag ein bisschen mehr spüren, wie sich die Spannung zwischen ihnen immer weiter aufbaute. Und es gab niemanden, der sich dazwischen stellen konnte. Irgendwann würde etwas passieren. Was immer das auch war. - Es war anders, als er diesmal vor ihr stand. Sie spürte es. Er blickte nicht weg, wie sonst. Sie konnte die Antimaterie des Raumes spüren, sie spürte, dass diese eine kritische Masse erreicht hatte, es kein Entrinnen vor ihr gab, sie beide unbarmherzig in diesen Strudel mit einem grossen Knall hineingerissen würden. Sie spürte bereits ein paar Sekunden vorher, was passieren würde, und schrie schon, bevor es überhaupt losging. Warum schrie sie eigentlich? War es die Gewalt und die Plötzlichkeit, mit der er sie zu Boden warf? War es diese unglaubliche Kraft, die ihr klarmachte, dass sie nicht einmal mit der Kraft der Todesangst würde verhindern können, dass er sich nahm, worauf er offensichtlich glaubte, ein Recht zu haben? War es Angst, es könne mehr werden als nur eine Vergewaltigung? Er umschlang sie, würgte sie, und gerade als in ihr der Gedanke entstand, man solle sich vielleicht ergeben, um schlimmeres zu verhindern, stiess er mit solcher Wucht in ihren Leib, als ob er sie zu Tode ficken wolle. Aber sie schrie und weinte, weil genau in diesem Moment ein kleiner Traum platzte. Der romantische Traum von Liebe. Hatte sie nicht alles versucht, um das hier zu verhindern? Das war für sie eigentlich das schlimme: sie wollte ja irgendwie Sex mit ihm. Aber nicht so. Nicht gegen ihren Willen. Nicht so brutal. Nicht so.... Etwas in ihr, eine kleine Stelle, die es in diesen Wahnsinn tatsächlich noch schaffte, neben sich zu stehen und sich dabei zuzugucken und das ganze eiskalt zu analysieren, spürte irgendwie, dass der Typ das alles nicht aus Hass tat. Er wollte sie nicht einfach ficken, er wollte sie regelrecht aufessen, bei lebendigen Leibe verschlingen. Während ihr Körper wie wild dagegen rebellierte, blieb diese Stelle ruhig und musste sich sogar eingestehen, dass ihr diese Art von ihm irgendwie gefiel. Doch irgendwann verstummte auch diese Stelle, und lediglich der Schmerz, der sich durch ihre Angst und der daraus resultierenden totalen Verkrampfung ins Unendliche verstärkt hatte, blieb als alles vereinnahmendes Gefühl übrig und lies nur Platz für Hass und dem grässlichen Gefühl totaler Ohnmacht. Als es vorbei war, stand er auf und tapste weg wie ein Golem. Sie weinte noch einmal extra stark, als wolle sie ihn mit ihren Tränen verfluchen. Doch als er aus ihrem Blickfeld verschwunden war, nahm auch der Schmerz langsam ab, und der Verstand gewann wieder Oberhand. Sie musste hier raus. Wer wusste schon, was der Typ als nächstes tun wird. Vielleicht wollte er sie gleich erschiessen. Sie stand auf. Überlegte, ob sie einfach rausrennen sollte. Als sie an der Kasse in der Mitte vorbeikam, sah sie, wo er war – er hatte sich in eine Umkleidekabine gesetzt und rauchte seelenruhig eine Zigarette. Ihr fiel ein, dass sich an der Kasse im Schubfach seine Waffe befand, eine immer blitzblank geputzte Smith & Wesson 44er Magnum. Gottseidank war das Fach nicht von der billigen Sorte: man hörte kaum die Laufgeräusche, als sie es aufmachte. Die Pistole lag noch drin. Ganz leise schob sie die Trommel zur Seite. Ja, es waren Patronen drin. Demonstrativ laut klackte sie die Trommel wieder zurück, und ging geradewegs zur Umkleidekabine, um ihn den Lauf direkt an die Schläfe zu halten. „Steh auf, du verdammtes Stück Scheisse!“ Der Kerl rührte sich nicht. Gefasst rauchte er einfach weiter. Dachte er etwa, das sei cool? Er war nicht cool. Er war schlicht und ergreifend fertig mit dieser Welt. Seine Augen, sein ganzer Habitus, sprachen es deutlich aus. „Du solltest zur Polizei gehen.“ Er sagte es ganz ruhig. Kalter Schweiss lief ihr runter. Hatte sie irgendwas übersehen? Was war sein Plan ? Würde er gleich explodieren? Waren die Patronen falsch? Warum blieb er so ruhig? Warum riet er ihr, zur Polizei zu gehen? Er dachte wohl wirklich, er sei cool, er hätte das alles hier im Griff? Innerlich erschrak sie, als sie bemerkte, dass die Magnum immer noch gesichert war. Langsam, aber hörbar schob sie die Sicherung nach hinten. „Ich sagte......steh...auf !!!“ Sein Kopf fiel nach hinten, als sei er viel zu schwer. Ein verzweifeltes Lächeln in sein Gesicht. Oh ja, er wusste nur zu gut, das er hier gerade den grössten Fehler seines Lebens begangen hatte. Trotzdem rang er um Fassung. Und nichts schien ihn aus der Ruhe zu bringen. „Du kannst mich natürlich auch erschiessen. Das Recht hast du. Aber das kann auch schief gehen. Wenn du nicht den richtigen Anwalt hast, kann es passieren, dass man da auf kaltblütigen Mord plädiert und nicht auf Affekt. Man wird sagen: Hey, du hättest ja auch zur Polizei gehen können.“ Die Muskeln in ihren Fingern kitzelten bereits. Keinerlei Macht über ihn zu haben hatte etwas unglaublich bedrohliches. Etwas, dass sie weich und gleichzeitig wütend machte. Ja, wahrscheinlich war das sein Plan. Sie sollte abdrücken. Sie musste es einfach! Sie wollte es, er wollte es. Nichts dazwischen. Nur das letzte kleine Rest an Logik in ihr flüsterte noch leise: Wozu willst du ihn umbringen? Denkst du, er würde dich dann ernst nehmen? „Du denkst wirklich, ich drück nicht ab, nicht wahr?“ Er drehte den Kopf direkt zu Lauf. Lächelte. Keine Spur von Angst. Es war, als ob er die Pistole küssen wollte. „Mädel, es ist mir egal. Drück doch ab! Ich hab gerade mein Leben weggeschmissen.“ Er wollte also Mitleid? Wie sehr kann man sich in einen Menschen täuschen? Gerade ihn hatte sie nicht so eingeschätzt. Es schien ihr, als ob er ein Kerl sei, der mit der ganzen ihn noch verbleibenden Kraft der Verachtung seinen Feinden noch extra ins Gesicht spucken würde, bevor diese ihn einen Kopf kürzer machen würden. Das hätte sie sogar beeindruckt. Aber ein hinterhältiger Vergewaltiger, der sich hinterher rausheulen wollte? Es machte sie noch extra wütend , dass sie sich so in ihn getäuscht hatte. Und doch konnte sie nicht abdrücken. Sie zitterte, kochte, hatte unglaubliche Angst und Wut. Und doch hielt sie etwas ab. „Du bist ein verdammter Idiot !“ schimpfte sie. Er schien zu nicken. „Du hättest mich auch so haben können. Ich hab versucht, dir das irgendwie klar zu machen. Du hättest nur einfach mal auf mich zugehen müssen, wenigstens ein bisschen versuchen, mich rumzukriegen. Auf die sanfte Tour.“ Er lachte, als wolle er einen Schuss direkt in sein Gesicht provozieren. Sein Blick hatte etwas besoffenes. „Mädel, du hast nen Freund!“ Seelenruhig zog er weiter an seiner Zigarette. „Wo immer du ihn auch herhast, ich meine, ihr Frauen werdet ja heutzutage mit Freund geboren, und wenn ihr euch mal von ihm trennen solltet, kommt irgendwo aus dem Hinterland hinter den sieben Bergen von den sieben Zwergen ein Kerl daher, mit dem kein Schwein gerechnet hat und der dir wie die Faust aufs Auge passt.“ „Ach ja?“ sie musste Luft holen „Du hättest diesmal dieser Kerl sein können. Schon mal daran gedacht?“ „Nein.“ Er versuchte zu lachen, aber es schien ihn nicht zu gelingen. „Ich war noch nie dieser Kerl.“ Das war doch nur Show, oder? Irgendwie wirkte es nur so verdammt echt. Sie musste aufpassen.„Und deswegen denkst du, du darfst mich...vergewaltigen?“ Es tat ihr weh, überhaupt zu sagen, was gerade passiert war. „Nein, denk ich nicht. Deswegen sollst du ja auch zur Polizei gehen.“ Eigentlich wusste sie doch genau, was er hier spielte. Aber das half nichts. Er hatte Erfolg. Er bekam sie weich. Sie konnte nichts dagegen tun. Es war wie Gift. „Wenn du wirklich nie dieser Kerl warst, dann wärst du es jetzt eben mal gewesen.“ Sie senkte die Pistole.“Ich mag dich eigentlich. Ich mein, du bist sonst eigentlich ein netter Kerl. Warum machst du so etwas grässliches?“ Sein Blick änderte sich schlagartig. Aus dem Resignierten wurde ein Wütender. Und plötzlich stand er auf. Erschrocken nahm sie wieder die Pistole hoch, stand mit ihm auf. Er plante etwas, das spürte sie. „Ich sollte doch aufstehen, oder?“ Er hob sogar demonstrativ die Hände. Der Schuss ging los. Doch er traf ihn nicht. Es war eigentlich auch nicht sie, die schoss. Nur eine Millisekunde vorher hatte er ihren Arm mit aller Wucht zur Seite geschoben, an die Wand der Umkleidekabine gedrückt und ihre beiden Hände immer wieder gegen die Wand gehauen, bis ihr die Pistole aus den Händen fiel. Er hatte ihre beiden Hände hochgehoben, drückte sie mit aller Gewalt gegen die Wand. Sein Mund war nur Millimeter von ihren entfernt. „Soso, ich bin also ein netter Kerl, ja? Ich erzähl dir mal was über nette Kerle, meine Liebe. Es gibt zwei Sorten davon. Die einen sind tatsächlich höflich, nett, aufmerksam, geben gerne für dich aus, nehmen auf dich Rücksicht, fühlen mit dir mit, hören dir zu, lassen sich Zeit, du kannst sie Tag und Nacht ansprechen, und sie akzeptieren ohne Murren und Knurren, wenn du Nein sagst und nur Freund bleiben willst. Und du sagst Nein, immer, weil es sind ja nur nette Kerle, nichts Ernstes. Die zweite Sorte macht nichts davon, sie denken nur an sich selbst, nennen dich 'Bitch', und du sollst dich dann am besten auch so nennen, beim kleinsten Problem oder wenn du etwas von ihnen willst, bist du für sie 'nur stressig', sie denken bei dir nur ans Ficken, und wenn du 'Nein' sagst, denken sie, du wirst schon 'ja' sagen, wenn man dir nur lange genug auf den Keks geht. Und letztendlich sagst du 'Ja', weil es sind ja irgendwie doch nette Kerle. “ Er schubste sie ins Geschäft hinein. Sie sah in sein Gesicht. Zum ersten Mal, so schien es ihr, sah sie ihn in seiner ganzen Ehrlichkeit. Robert, der Kämpfer, der Wütende, der Frustrierte, der Todesverachtende, der nichts mehr zu verlieren hatte, der im Kampf sterben wollte, und deswegen immer wieder überlebte. Und mit jedem Überleben nur noch wütender wurde. „Ich wette, dein Freund ist genau so ein netter Kerl. Wie hast du ihn kennengelernt? Weisst du es noch, oder warst du da schon zu sehr bekifft? Aber wahrscheinlich ist er der Bruder irgendeiner Freundin, für den du nur Mitleid hast, oder ? Ja, er macht sicher etwas Probleme, er ist etwas eigensinnig, aber ihr seid ja zusammengezogen, er wird jetzt schon ordentlich und erwachsen werden mit deiner Hilfe, er wird schon in dich hineinwachsen, dieser nette Kerl, nicht wahr? Ja, genau, geh zurück zu deinen scheissnetten Kerl, und pass auf, dass du ihm nicht zu stressig wirst!“ Er schubste sie aus seinem Geschäft. Schloss die Tür. „Ich bin kein netter Kerl!! Merk dir das !!“ Obwohl er hinter der Doppelverglasung brüllte, hatte sie das Gefühl, ihn noch nie so laut gehört zu haben. Gerade, als sie beschloss, wütend auf ihn zu sein und endlich nun die Konsequenz zu ziehen, sah sie, wie er volle Wucht gegen den Schrank trat, der ihn da im Wege stand. Es blieb nicht dabei. Sie konnte von draussen zusehen, wie er mit ganzer Kraft seine eigene Boutique kaputtschlug. Mit einer Gewalt, die ihn regelrecht zu zerreissen schien. Irgendwie beruhigte es sie zu wissen, dass der Kerl litt. Zu offensichtlich litt. So sehr litt, dass es ihr schon wieder leid tat. Ich habe heute mein Leben weggeschmissen. Jetzt erst schien sie den Satz richtig zu verstehen. Er meinte ihn vollkommen ernst. Und doch, er lebte noch, er fühlte noch. Er kämpfte noch. War es ein Todeskampf? Oder kämpfte er sich grade wieder frei? Irgendwann sah sie ihn, wie er sich beruhigt hatte, sich hinsetzte, den Kopf in die Hände legte. Durchatmete. Weinte er? Sie musste jetzt gehen. Sein Weinen wäre wirklich unerträglich. Doch sie konnte einfach nicht. Sie stand wie angewurzelt da und sah ihm zu. Sie traute sich einfach nicht wegzugehen, als könne nur ein Schritt weg von der Boutique sein Ende bedeuten. Für einen Moment blieb ihr Herz stehen, als sie ihn aufstehen sah. Holt er jetzt die Pistole? Würde sie gleich einen Schuss hören? Doch er kam zurück. Setzte sich wieder. Und nach ein paar Sekunden sah sie ein leicht glimmenden Punkt. Seit wann rauchte er eigentlich? Er hatte nie geraucht, solange sie da war. Er sah einen Moment lang zu ihr. Dann blickte er wieder weg. Es war wirklich Zeit zu gehen. Er würde sich nicht umbringen, da war sie sich jetzt etwas sicher. Dafür war noch zuviel Leben in ihm. Es war schon komisch, sie hätte es ihn eigentlich wünschen müssen. Doch es beruhigte sie eher, ihn am Leben zu wissen. Zwischen all den Hass und den Rachegedanken war eine klitzekleine Portion Gefühl für ihn übrig. - Sie hätte heulen müssen. So wie damals. Aber alles in ihr wollte nicht. Sie zog sich in sich selbst zurück, dachte in aller Ruhe nach über das, was passiert war, und was sie als nächstes tun sollte, während sie mit der Bahn nach Hause fuhr. Zur Polizei gehen. Die Logik in ihr sagte, dass es keinen anderen Weg gibt. Aber stärker als die Logik war ein untergründiges Gefühl, das nicht wollte. Noch mal erzählen, wie alles passiert ist? Alle Gefühle aussparen, die für ihn sprechen könnten, weil man das dann gegen sie verwenden könnte? Sich nach Spermaspuren untersuchen lassen ? Alles noch einmal vor Gericht auftragen, wo er dann einfach sagen könnte: ja, sie hat mich durch ihre aufreizende Kleidung provoziert? Sicher, sie konnte sagen, das sie das von Berufs wegen und auf seine Anordnung hin musste. Doch sie sah sich schon unsicher im Zeugenstand sitzen, seine Blicke trafen und durchbohrten sie, während ein gefühllos analytischer Anwalt beissend fragt, ob sie für ihre Behauptungen irgendwelche Beweise hätte. Und das wirklich schlimme daran: sie, die nicht lügen konnte, wusste die ganze Zeit genau, dass sie ihn provoziert hatte. Sie musste irgendwo in sich selbst sogar zugeben, dass sie ihn gerne provoziert hatte, auch wenn ihr ein anderes Ergebnis lieber gewesen wäre. Das war der Unterschied zu damals, als sie im zarten Alter von 14 Jahren schon einmal vergewaltigt wurde und nicht die geringste Ahnung hatte, was sexuelle Provokation überhaupt bedeutet. Damals hatte sie alle Strapazen auf sich genommen, um den Vergewaltiger, ein 50jähriger, eigentlich ganz netter Nachbar ihrer Freundin Soolin, im Knast zu sehen. Es war das mindeste, es war viel zu nett, eigentlich hätte sie damals auch die Mafia aufsuchen können, Kumpels von ihr meinten, sie hätten das organisieren können, der Kerl würde dann garantiert nicht mehr leben, und das war genau das, was sie ihm damals auch gewünscht hatte. Vom ganzen Herzen. Dunkle Hochzeit Ch. 02 Sie sahen sich an. Mit einem Blick, der ihnen zu einer anderen Zeit wahrscheinlich die Erkenntnis der Liebe gebracht hätte. Weil es ein inniger Blick war. Ein warmer Blick. Ein Erkenntnis-Blick. Doch hier und jetzt zerrte er den bisher eher verdrängten Zweifel direkt ins Licht. Sie war nicht mehr dieselbe. Das schienen sie jetzt beide zu bemerken. Was ist mit dir los, Dana? wird gleich von ihm kommen. Und sie wird keine vernünftige Antwort drauf geben können. Weil sie eigentlich gar nicht anders als sonst sein will. Gut, vielleicht liebte sie ihn jetzt etwas weniger als sonst. Aber nicht so wenig, dass es zum Verlassen, ja zum Sitzenlassen gereicht hätte. Sie war seit einem Jahr mit Eric zusammen. Man hatte sich immer mal gestritten, und sich doch wieder vertragen. Wie ein altes Ehepaar. Sie wollte das hier vernünftig lösen. Sich nicht entscheiden müssen. Warum nicht einfach beide Kerle? Wäre für sie kein Problem gewesen. Vielleicht tat Eric ein bisschen Konkurrenz ja mal ganz gut. Sie wollte ihn eigentlich nur ein bisschen eifersüchtig machen. Doch als sie ih jetzt so ansah, wurde ihr klar, dass sie ihn offensichtlich nicht genug kannte. Was Eric sehen musste, wenn er sie so anblickte, war offensichtlich nicht bloss eine Hürde. Es war eine Mauer. "Was ist los mit dir, Dana?" "Was meinst du?" "Du bist irgendwie so komisch. OK, man hat manchmal keine Lust, aber bei dir scheint es irgendwie mehr zu sein." "Ich bin ganz normal. Was soll ich denn anders machen?" Er sah sie eine Weile an. Und dieser Blick wirkte, angesichts der Tatsache, dass ihn irgendetwas störte, viel zu ruhig. „Mal ehrlich jetzt, Dana: Hast du was mit deinem Chef?" „WAS?" Sie sass sofort aufrecht, blickte ihn völlig entsetzt an, ihr ganzer Körper fragte ihn, wie man nur so eine Frage stellen konnte. „Ja, ich meine, du warst gestern so komisch, und diese Geschichte mit deinem Chef klang auch irgendwie so merkwürdig. Und jetzt bist du irgendwie, weiss auch nicht, aber irgendwie fehlt die ganze Leidenschaft, die du immer hattest. Deswegen frag ich dich : Hast du was mit deinem Chef?" „Du meinst, mit Robert?" „Aha, Robert heisst er also." Sie hatte nichts mit Robert. Nicht wirklich. Ja, gut, sie hatten gestern miteinander Sex gehabt und sie hatte dabei den vielleicht grössten Orgasmus in ihren bisherigen Leben erfahren. Aber sie hatte nichts mit ihm. Sie hatte vielleicht einmal vor, was mit ihm zu haben, aber das wollte sie davon abhängig machen, ob er sich beherrschen würde, ob er sie respektieren konnte, ob er weitere, interessante Seiten von sich zeigen würde, die ihr die Entscheidung erleichtern würde. Aber die Frage war ja: hatte sie etwas mit ihrem Chef? Und exakt in dem Moment hatte es in ihr gekitzelt. Sie hatte bisher in Robert nur einen anderen Kerl gesehen, aber jetzt wurde ihr zum ersten Mal richtig bewusst, dass er ihr Chef war, und der Gedanke was mit ihrem Chef zu haben, war verdammt sexy. Verboten sexy. Mehr als das. Mit einem Schlag wurde ihr das ganze System Robert klar und durchschaubar. Robert war der Chef. Basta. Er entschied und trug für seine Entscheidungen die Verantwortung, egal wie hart diese war. Statt in sich gekehrt zu jammern, dass er sie nicht haben könne, hatte er sie einfach genommen. Der Preis war, dass sie ihn hätte erschiessen können. Kein Trick, kein doppelter Boden. Er meinte es ernst. Robert kannte offensichtlich immer den Preis dessen, was er tat, und wo andere noch lange überlegten, ob sie diesen zu zahlen bereit wären, hatte er sich längst entschieden. Er wollte entscheiden, er wollte machen, er steckte so ein, wie er austeilte. Er ging seine Risiken ein, mit dem vollen Bewusstsein, scheitern zu können. Und vor ihr sass Eric, und zum ersten Mal sah sie es erschreckend deutlich: er war das komplette Gegenteil von Robert. Er wusste nicht, was er wollte, wusste nicht, ob er das wenige, was er wollte, wirklich wollte, wusste nicht, wie sie sich fühlte, wusste nicht, was sie machen sollte, damit er sich im Bett besser fühlte, er hatte immer noch keinen Job, als ob ein zu schlechter Job seinen Wert drücken könnte. Er erwartete wohl irgendwie von ihr, dass sie die Initiative mit ihm ergreifen würde, und auch wenn sie das sonst eigentlich gerne tat, jetzt störte es sie gewaltig. Sie wollte sich fallen lassen. So wie vorhin auf Arbeit. Sie war gewollt Roberts Opfer gewesen, und es hatte sich so verdammt gut angefühlt. Aber eben nur, weil Robert der perfekte Täter war. Stattdessen sass sie hier und konnte regelrecht spüren, dass die ganze Situation in einen Streit enden wollte. Egal was sie sagen oder tun würde. Sie kannte Eric lange genug, um zu wissen, dass es keine Harmonie gab, wenn er sie nicht wollte. Und sie sah ihm an, dass er sie gerade nicht wollte. „Ja, ich hab was mit meinen Chef!" Es klang fast ein bisschen vorwurfsvoll. Aber er wollte es ja unbedingt wissen. Augenblicklich änderte sich Erics Blick. Und sie fühlte sich plötzlich, als hätte sie sein Spiel durchschaut. Wahrscheinlich hatte er es ihr langsam aus der Nase ziehen, sie langsam der Lüge überführen und sich dann gnädig zeigen wollen. Jetzt, wo sich zeigte, dass diese Rechnung nicht aufging, jetzt, so schien es ihr, wollte er plötzlich wieder Harmonie. „OK....das ist...wenigstens ehrlich." Sie nickte. „Wo wir gerade beim Ehrlichsein sind: Ich werde dich verlassen." Eric war zur Salzsäule erstarrt. Und nach dem kurzen inneren Schreck über ihre eigene Härte spürte sie eine Erleichterung, dass es raus war. Sie spürte keinen Hass, keinen Ärger gegen ihn. In ihrem Innern hatte sie den „Ich bin mit dir zusammen"-Knopf wieder ausgeschaltet, sie lief jetzt auf „Wir sind nur Freunde". Allerdings die Sorte Freunde, über die man sich nicht unbedingt freut. Sie stand auf und ging in die Kammer, um ihren Koffer zu holen. „Du gehst...jetzt?" „Wär's dir lieber, ich bleib noch hier und geb dir die ganze Nacht das Gefühl, dass du....." Sie sah ihn etwas verzweifelt an. „So schlimm ist es?" Sie packte einfach ihre Sachen ein. Sie wollte nichts sagen, denn egal was sie jetzt sagte, es würde nur wehtun. Ihre Existenz hier tat weh, sie tat ihm weh, und ihr damit auch. Sie hasste ihn ja nicht. Sie musste hier einfach nur weg. Es reichte doch, wenn nur einer leidet. „Ein Jahr lang waren wir zusammen." Nein, sie sagte nichts. Sie wollte ihm nicht sagen, dass das Gefühl vom Anfang ihrer Beziehung vollkommen weg war. Gross und sensibel hatte er damals gewirkt. Als ob er die ganze Welt im Griff habe, ihn nichts aus dem Tritt bringen könne. Klein und kleinlich wirkte er jetzt. Sie kannte diesen Blick, mit dem er sie anguckte. Der Blick eines Kerls, dem ganz plötzlich bewusst wird, dass er ihr nicht gewachsen ist, der sich erst mal selbst wieder finden muss. Er konnte einen leid tun, und das war eigentlich das Schlimmste. Nirgendwo gab es einen Schalter, der ihn einfach wieder auf „Wie Damals" stellen konnte. Selbst wenn es ihn gab, sie wollte nicht mehr danach suchen. Sie hatte sich entschieden. „Wie lang habt ihr beide das schon zusammen?" Nein, er wollte immer noch keine Harmonie. „Seit gestern." sagte sie etwas genervt. „Seit gestern weisst du also, dass er ein Typ mit Geld ist, der dir viel mehr bieten kann..." Sie holte tief Luft. Irgendwo war es ja verständlich, dass er Streit suchte. Dass er seinen Frust ablassen wollte. Dass er sticheln wollte. Aber genau deshalb wollte sie jetzt so schnell wie möglich weg. „Verdammt, darum geht's doch gar nicht!" „Ja, das sagt ihr Frauen immer, und am Ende geht's euch dann trotzdem darum. Ich mein, ich kanns ja auch verstehen. Er hat nen gut laufendes Geschäft, bestimmt ne tolle Wohnung, Kleider bis zum Abwinken.....Was fährt er? Nen Dodge? Nen BMW? Nen Hummer?" Wie um alles in der Welt konnte sie ihn verstummen lassen? „Eric, jetzt mal ganz ehrlich: stell dir vor, du hättest all das, und vielleicht sogar noch ein bisschen mehr -- würdest du das alles wegschmeissen, für eine einzige Nacht mit mir?" Einen Moment lang war er tatsächlich ruhig. Doch er fing sich wieder. „Ich würds dir sicherlich versprechen, in der Hoffnung, dass du nicht so blöd bist, das wirklich von mir zu verlangen. Und die Wahrscheinlichkeit wäre bei dir sicher umso höher, je mehr ich hätte." Sie sah ihn eine Weile etwas verzweifelt an. Wenn sie ihm jetzt sagte, dass Robert sie vergewaltigt hatte -- sie konnte sich ausrechnen, was dann passieren würde. „Vergiss es einfach." Eric lachte etwas gehässig. „Ich kann dir noch nicht mal zum Vorwurf machen, dass du auf sowas hereinfällst." Es war wahrscheinlich das beste, ihn in dem Glauben zu lassen. Auch wenn es sie wurmte, dabei so mies dazustehen. Sie zog sich an, versuchte dabei, ihn nicht anzusehen. Und musste es doch ein paar mal tun. Verdammt, ja, dieser Hundeblick von ihm tat ihr leid. Aber es gab kein Zurück. Sie erwiderte den Blick mit erhobenen Kopf, als wolle sie das noch mal klarstellen. Oh ja, sie wusste, dass das hier weh tun musste. Aber wenn sie es jetzt nicht tat, würde es am Ende noch viel mehr weh tun. Sie sahen sich ein letztes Mal an, als sie mit dem Koffer zur Tür ging. Irgendetwas wollte sie noch sagen, etwas wie „Pass auf dich auf" oder „Machs gut", doch nichts passte. Nichts würde verhindern können, dass er sie von nun ab vor lauter Liebe, aber auch vor lauter Demütigung, verfluchte und hasste. Sie ging, ohne etwas zu sagen. Raus in die anbrechende Nacht. - Sie wusste nicht wirklich, wo sie heute nacht übernachten sollte. Sie wollte einfach nur raus, weg von Eric. Er sollte nicht ständig an ihr Gewissen appellieren, sollte gar nicht erst versuchen, sich Hoffnungen zu machen, sie umstimmen zu können. Sie wollte sich nicht umstimmen lassen. Jetzt nicht mehr. Sie fuhr deshalb einfach nach „18th". Sie wollte vor dem Laden warten, vielleicht die ganze Nacht. Es war warm, sie würde nicht frieren. Und selbst wenn. Eric litt wahrscheinlich die ganze Nacht durch. Es war nur gerecht, dass sie jetzt auch wenigstens ein bisschen litt. Zu ihren Erstaunen war die Tür von „Lasgo's" offen. Das wenige Licht im Laden zeigte zwar, dass er eigentlich geschlossen sein sollte, aber sie hörte Geräusche im Bereich, der zum Keller direkt unterm Laden ging. Sie ging die alte, eiserne Wendeltreppe nach unten, und sah ganz deutlich Robert, wie er sich an ein paar Pappkisten zu schaffen machte. Er blickte von der Arbeit auf, sah sie an, und beide lieferten sich einen Wettkampf im Gesichtsausdruck „Huch, was machst du noch hier?" Dana gewann, weil ihr Gesicht und ihre Mandelaugen viel mehr Möglichkeiten hatte als Robert, der eigentlich wie immer guckte, nur skeptischer. „Arbeitest du immer so lange?" Dana hatte wirklich ein wunderschönes Fragezeichen-Gesicht. Roberts Skepsis entspannte sich etwas. „Manchmal schon. Wenns sein muss." „Du hast gestern schon durchgearbeitet." Er lächtelte leicht „Das musste auch sein." „Du machst dich echt tot für deinen Laden." „Nein" sagte er mit ruhiger Gewissheit „ohne mein Laden wär ich schon längst tot." Er legte die nächste Kiste ins Regal, bevor er sie wieder ansah. „Und du? Was machst du schon hier?" Sie holte tief Luft, bevor sie wieder halbwegs entspannt sprach „Ich hab grad meinen Freund verlassen." Roberts leichte Skeptiker-Miene änderte sich nicht. Nur an den Ohren schien er etwas roter geworden zu sein. „Oh, tut mir leid, wirklich." Warum sprang er nicht einfach auf, fiel ihr um den Hals, jubelte, drückte, knuddelte sie? Warum blieb er so cool? Hatte er immer noch nicht verstanden, wollte er immer noch nicht wahrhaben, traute er sich immer noch nicht zu denken, dass ER jetzt derjenige war, der an ihrer Seite folgen würde? Es war erschreckend, dass er sich nicht einfach ganz egoistisch mit ihr freuen konnte. „Schon OK, ich wollt ihn ja verlassen." „War er so schlimm?" Das fragte ausgerechnet er! „Muss ein Kerl unbedingt schlimm sein, bevor man ihn verlässt?" Er blickte etwas nachdenklich.„Du scheinst ihn nicht geliebt zu haben." Es tat ein bisschen weh, das zu hören. Vor allem, weil es stimmte, irgendwie. Jetzt, erst jetzt wurde ihr richtig bewusst, wie schnell sie ihn verlassen hatte. Und wie wenig sie dabei gespürt hatte. Ihr Gewissen meldete sich wieder. Als sei es eine Gemeinheit von ihr gewesen, ihn nicht wirklich geliebt zu haben. Etwas lächelte er jetzt doch. „Und? Weisst du schon, wo du heut nacht übernachten willst?" War das ein Ritual? Egal, sie musste da jetzt jedenfalls durch. „Kann ich bei dir übernachten?" Jetzt grinste er breit. Wahrscheinlich hatte er nur darauf gewartet. „Übernachten." Er lehnte sich locker an die Wand, lächtelte überlegen. „Übernachten ist ein schönes Wort für das, was wir da machen werden." Jetzt war sie es, die sich nicht freuen konnte über ihren Triumph, sondern in leichte Skepsis verfiel. Sie war zwar bereit, sich auf das Spiel mit ihm einzulassen. Doch er war eben auch der Kerl, der sie vergewaltigt hatte. Was, wenn er sich privat nicht beherrschen konnte? Er war für sie immer noch nur schwer greifbar. Auch wenn sie das ein bisschen faszinierte. „Kannst du... kein Gentleman sein?" „Ein Gentleman." sagte er bedeutungsvoll. „Ich mach dir einen Vorschlag, Dana. Wir ziehn uns jetzt richtig hübsch an, gehen ordentlich essen, und du wirst die ganze Nacht durch den perfektesten Gentleman von mir präsentiert bekommen, den du dir vorstellen kannst -- bis wir in meiner Wohnung sind." Er zündete sich eine Zigarette an. „Sorry, Dana, ich kann auch in meiner Wohnung ein Gentleman sein. Aber der Gedanke, dass du die erste Nacht bei mir, in meiner Wohnung, in meinen Bett verbringst und nichts passieren soll -- ich kanns dir nicht versprechen, und ich will es auch nicht." Sie blickte ihn in die Augen, und nickte. Und spürte, wie es bei ihr kribbelte. Er war ihr Chef. Er hatte Recht. Er war ein Riese. Er war hart und weich gegen ihr. Auf genau die richtige Art. Ihr Gesicht deutete kurz zu den Zigaretten „Kann ich...." „Nein!" Sagte er deutlich. Sah sie eindringlich an, bevor er ihr doch die Zigaretten gab. „Und damit das klar ist: von heute ab kein 'Darf ich?','Soll ich?','Bin ich hübsch?', von jetzt ab heisst es 'Ich will!' und 'Ich bin!', nichts anderes! Du bist das grösste, tollste, hübscheste, genialste, was mir je über den Weg gelaufen ist, und ich will nicht, dass du auch nur eine Sekunde lang daran zweifelst. Wenn doch, versohl ich dir solange den Hintern, bis du dich wieder liebst." War es die Zigarette, oder seine Worte? Jedenfalls überfiel sie ein tiefes Gefühl innerer Ruhe. „Und du tust alles, was ich will?" Sofort blickte er wieder ärgerlich-skeptisch.„Wird das 'n Test?" Sein Habitus änderte sich plötzlich auf nachgemacht weiblich. „Was? Du liebst mich? Wirklich? Echt? Würdest alles für mich tun? Das trifft sich gut. Ich habe hier eine Liste mit 25 dingen, die du für mich tun musst, und ich weiss, hihi, das Punkt 16 davon besonders gemein ist, hihihihi, aber wenn du von den 25 Punkten nur 24 schaffst, ist das der eindeutige Beweis, dass du mich nicht wirklich liebst, dann gibts auch keinen Sex mit mir, ich geh ja nicht mit jedem ins Bett." Sie hätte lachen können, wenns nicht so ernst gewesen wäre. „Tschuldige, dass ich gefragt habe." Sein Gesicht entspannte sich wieder „He, war nicht so gemeint, OK? Ich wollte nur sagen: Du kannst Nein sagen, und ich kann Nein sagen. Geht das OK für dich?" „Also gut!" sagte sie, und in ihren Gesicht zeigte sich ein kleiner Ansatz von Trotz. Sie zog an der Zigarette, und blies ihm genüsslich den Rauch ins Gesicht. „Ich will das rote Maggy-London-Kleid!" „Mein teuerstes Stück?" Er lachte zufrieden. Man konnte das „Ja" dahinter spüren. „Willst du es, weils mein teuerstes ist, oder weils dir gefällt?" „Die Farbe gefällt mir." Es tat ihr schon gut, überhaupt darüber zu reden. Dieses edle Weinrot war so schön anders als diese ganzen grellen Latino-Farben, die für die Sachen in seiner Boutique so typisch waren. Dieses Kleid verhiess eine andere, weniger oberflächliche Welt. Einmal hatte sie einer Mexikanerin zugesehen, die dieses Kleid kaufte. Hereingekommen war sie wie das Klischee einer Frau, die sich nichts teures leisten kann. Als sie jedoch das Kleid anhatte, war sie wie ein leuchtender Traum, ihre Haare wirkten weiter, ihr Gesicht sinnlicher, und ob wohl sie um die 40 zu sein schien, strotzte sie plötzlich vor sexueller Kraft. Es war, als würde die Wucht ihres Körpers von dem Kleid in Zaum gehalten und gleichzeitig durch seine Ernsthaftigkeit betont. Seitdem hatte sie sich in das Kleid verguckt. In ihrer Vorstellung musste sie das Kleid nur anhaben, und sie wäre mindestens genauso edel und sexy wie diese Frau. „Ja, die Farbe ist auch das beste daran. Und der Schnitt könnte zu dir passen." „Warum hab ich das Gefühl, dass dir das Kleid nicht so gefällt?" Er lachte. „Es gefällt mir schon. Es wird nur verdammt teuer, es dir vom Leib zu reissen." Sie lächelte, hielt ihren Kopf etwas schräg, und setzte ihren unvergleichlichen Chinahundeblick auf. Es war ihre Art, „Bitte" zu sagen. Und er nickte. Blickte vielleicht etwas grimmig. Doch das brachte sie nur dazu, ihn zu umarmen und auf die Wange zu küssen. Als sie ihn jedoch loslassen wollte, zog er sie wieder an sich, und ihre Lippen und Zungen liebkosten sich gegenseitig mit einer geradezu magischen Zärtlichkeit. „Ich hoffe, du hast die richtigen Schuhe zum Kleid." Sie guckte ihn fragend an. „Welche, die nicht rot sind." „Ich hab noch schwarze Piraten-Kniestiefel, mit Totenkopf drauf." „Wunderschön, aber die passen nicht zum Kleid." „Ist das so wichtig?" „Oh Ja!" einen Moment lang blickte er streng. "Ausserdem würden sie mich dazu bringen, dich noch im Restaurant zu ficken." „Das klingt verlockend." „Hast du wirklich nichts anderes?" „Ich hab noch schwarze Stilettos." „Perfekt." Ihre Lippen trafen sich wieder. - Kein Dodge. Kein BMW. Kein Hummer. Das hätte alles ohnehin nicht zu ihm gepasst. Nein, Robert fuhr einen ganz normalen, vergleichsweise neuen Chrysler Kombi. In Schwarz natürlich. Irgendwie hatte sie geglaubt, er wolle mit ihr nur irgendwo um die Ecke in ein unscheinbares, kleines Restaurant gehen. Stattdessen fuhren sie auf die Interstate, dann mitten in die immer noch quicklebendige Stadt hinein, vorbei an den ganzen Wolkenkratzern, den ganzen hellbeleuchteten, innerstädtischen Wahnsinn, über den Fulton River. Und gerade, als sie sich fragte, wo um alles in der Welt er hier einen Parkplatz finden will, fuhr er wie selbstverständlich ins Marina City, ein wie eine übergrosse Koralle aussehender Wolkenkratzer, dessen erste 14 Etagen als Parkhaus fungierten. Man kam hier eigentlich nicht so einfach rein. Er schon. Wie lange lebte sie schon in Chicago? Sie war hier aufgewachsen. Und doch war dieser Teil der Stadt etwas für sie komplett unbekanntes, etwas unerreichbares, nicht bezahlbares. Mit jeden Schritt spürte sie die Illusion einer komplett anderen Welt, wo Reichtum von fast schon perversen Ausmassen als normal und durchschnittlich betrachtet wurde. Sie fühlte sich fast ein bisschen falsch hier, doch als Robert ihre Hand ergriff und in ihre Augen sah, merkte sie, dass er sich so ähnlich fühlte. Das hier mochte nicht ihre Welt sein. Aber man konnte ja mal schauen. Das Gefühl, klein zu sein, blieb. Selbst als sie endlich sassen. Es war ein viel zu teures Restaurant an der Encyclopedia Britannica. „Fulton's on the River" hiess es. Aber es hätte genausogut „Futons on the River" heissen können. Der Ausblich auf den Fluss und die Wolkenkratzer war einfach atemberaubend. Man hätte sich hier auf einen Futon legen und sterben können, so schön war es. Die Atmosphäre des Restaurants war erstaunlich intim, trotz dass es voll und der Lärm der Stadt weiterhin zu hören war. Je länger sie dasassen und sich anguckten, desto wärmer wurde ihr Gefühl, auch ihm gegenüber. Robert wirkte durch die Wolkenkratzer kleiner, normaler, weniger bedrohlich als sonst. Sein Lächeln hatte die Ruhe und den Frieden eines Mönchs. Die erste Zeit sagten beide gar nichts, sondern sahen sich nur an und bemerkten, wie sie immer mehr lachen mussten. Danas Augen schienen dabei vor leiser Begeisterung nur noch grösser zu werden. Dunkle Hochzeit Ch. 03 Sie wachte auf, als die morgendlichen Sonnenstrahlen den Raum erhellten. Das Bett war warm und zärtlich zu ihrem Körper, es wollte sie nicht loslassen, wie ein Liebhaber. Sie öffnete die Augen, und sah Robert in der Pantry-Küche rumhantieren. Schwarzes T-Shirt und Unterhose. Es roch so verführerisch nach gebratenen Ei mit Schinken, nach knusprigen Brötchen, nach gerade erst gemahlenen Kaffee. Ich kann nicht mal kochen, dachte sie. Sicher, sie musste es auch nie wirklich. Wo sie noch mit Eric zusammen war, hatten sie immer billig gefrühstückt, Tiefkühl-Brötchen im Zehnerpack, abgepackte Salami und Toast-Käse. Nie was anderes. Mittags unterwegs oder Tiefkühl-Pizza. Es hatte sie auch nicht gestört. Man wollte sich gar nicht erst an teureres gewöhnen. Und jetzt stand da der tollste Kerl der Welt, und zauberte er ihr ein Frühstück hin, welches schon vom Geruch her das verschwenderische Amerika verhiess. Robert, du demütigst mich! Zwar auf eine sehr süsse Art, aber du demütigst mich. Ich werd dir nie gerecht. Was kann ich dir schon geben? Nicht mal ein ordentliches Frühstück! Dana strich über ihren Bauch und verzehrte sich ein bisschen vor Liebe. Sie erhaschte einen Blick auf sein Gesicht von der Seite. Es war konzentriert, nüchtern. Aber gerade deswegen hätte sie es am liebsten geküsst. Disziplin war eigentlich nicht ihre Sache, es hatte so etwas hemmendes, runterziehendes. Aber Roberts Selbstdisziplin war freiwillig, hart gegen sich selbst. Und das machte ihn verdammt sexy. Sie schloss die Augen, als sie sah, dass er zum Bett kam, um sie zu wecken. Als sie ihn auf dem Bett spürte, an ihrem Kopfende, öffnete sie die Augen, lachte ihn an, und streckte sich vor ihm. "Morgen, Sonnenschein." "Morgen, Chef!" schnurrt sie, und griff wie im Reflex an seine Unterhose, kniff fordernd in seinen Schwanz. Langsam und liebevoll, aber fordernd. "Nein, Dana!" "Ach komm schon, Rob!" Sie hatte Lust, keine Frage. Aber vor allem fühlte sie sich verpflichtet, irgendetwas zurückzugeben. Und am besten ging das eben so. "Nein, wir haben keine Zeit dafür." Roberts Selbstdisziplin, hier direkt neben ihr, machte sie nur noch geiler. "Ach komm schon" schnurrte sie "zur Not kommst du eben mal etwas später in die Boutique." "Nein, Dana, sowas mach ich grundsätzlich nicht!" Traurig flehend blickte sie ihn weiter an, und ihre zärtliche Hand gab dennoch keine Ruhe. "Haben wir wirklich gar keine Zeit?" Er schaute auf die Uhr. "Vielleicht 10 Minuten, wenns hochkommt." "In 10 Minuten schaff ichs, versprochen." Er sieht sie todernst an. Diese Dominanz in seinem Gesicht stach regelrecht in ihr Herz. "10 Minuten. Keine Sekunde länger." Sie griff sofort zu, und zog seine schon leicht stramm gewordenen Weichteile aus der Unterhose, um sie mit ihren Händen und schliesslich mit ihrem Mund zu bearbeiten. Robert erhob sich leicht, liess ihren Kopf zwischen seine Schenkel, und schob genussvoll die Decke zurück, bis ihr Becken freigelegt war und er kennerisch in ihren Schritt fassen konnte. Sie winkelte ihre Beine an, Robert ergriff sie und hob sie hoch. Seine andere Hand fasste direkt mit 2 Fingern in ihre Scheide. Es war schon ein Wahnsinnsgefühl, so von ihm berührt, so genommen zu werden. Anfangs presste er nur langsam seinen Unterleib gegen ihr Gesicht, so dass sie noch selbst versuchen konnte, seinen Steifen zu verschlucken. Doch dann drückte er erbarmungslos zu, während die Hand da unten so heftig rumrührte und ihren Kitzler fast blutig zu reiben schien, dass sie sich fühlte wie eine Zitrone, die gerade entsaftet wird. Sie packte seine Hand, was dazu führte, dass sie etwas langsamer wurde. Doch er liess ihr nur kurz Zeit, dann bestimmte sein Körper wieder,wo es lang ging. So kurz das Ganze war, so heftig war es. So absolut. Roberts kühle Hand, sein pressender Körper, die kräftige Dominanz seiner Stösse in ihren Hals, diese Bestimmtheit seines Griffes, sein Gewicht, und vor allen Dingen die Coolness, mit der er das alles tat, wie ein Arbeiter, wie ein Dompteur, ruhig, aber bestimmend. Sein Atem wurde langsam schwerer. Sein Griff fester. Seine Bewegungen langsam schneller. Dann plötzlich sein Stöhnen. Wie eine einzige, riesengrosse Drohung. Er schafft es nich schnell genug aus ihrem Mund heraus. Sie lacht, als es vorbei ist. Zeigt an, dass sie es runtergeschluckt hat. Er lässt sie los, und dieser Blick von ihm, der sie doch noch eben besessen und dominiert hat und jetzt so wirkt, als hätte er etwas falsch gemacht, als hätte er Schwäche gezeigt, sie muss ihm einfach einen Kuss zuhauchen. Sie geht ins Bad. Sieht sich Ewigkeiten lang im Spiegel an. Sie will das Sperma gar nicht wegwischen. Es sieht so gut an ihr aus. So emotional, so kühlend auf ihrer so heiss wirkenden dunklen Haut. Sie ist mehr als sexy. Sie ist heiss geliebt. Noch nie hat sie so einen starken Drang verspürt, sich selbst zu küssen, regelrecht abzulecken. Langsam schmiert sie es ihr Gesicht lang. Küsst ihre Finger. Sie wäscht sich, frisiert sich, zieht sich an. Und als sie sich endich an den Tisch setzt, erfüllt sie ein tiefes Gefühl von Perfektion. Alles ist perfekt. Die Wohnung, die Sonnenstrahlen, die hineinscheinen, das Frühstück, die Zeit. Robert. Und sie. Ja, sie ist perfekt, das wird ihr jetzt bewusst. Sie gehört hierher. In diese Wohnung. In dieses Leben. In die Hände desjenigen, der diese Perfektion geschaffen hat. Sie existiert für seine Hände. Seine Augen. Sein Gefühl. Und Robert fühlt sich gut. Weil sie da ist. Weil sie lacht, wenn sie ihn anguckt. Und jedesmal, wenn sich ihre Augen treffen, fühlen sie sich beide ein bisschen besser. "Ich hab mir etwas ausgedacht, Robert. Du musst nicht 'Ich liebe dich' sagen." "Aber ich muss es dir irgendwie beweisen, richtig?" "Ein bisschen zumindest." "OK, wie teuer ist der Ring? Oder die Kette? Oder das Kleid?" Sie lachte. "Nein, nein, so einfach kommst du mir nicht davon." "Oha, du bist anspruchsvoll. Das gefällt mir." Genüsslich fühlte sie die Spannung, die entstand, während sie die Butter auf ihrem Brötchen so lange hin und her schmierte, bis offensichtlich jede Ecke gleichmässig bedeckt und die Oberfläche vollkommen glatt war. Dann guckte sie ihn an. "Ich möchte, dass du jeden Kunden, mit dem du heute redest, erzählst, dass du mich richtig hart gefickt hast." Roberts Gesicht verzog sich zu einem Joker-Face. "OK, das ist wenigstens eine Herausforderung." Dana musste richtig ablachen. "Nein, war nur Spass." "Nein, wieso, das machen wir. Kein Problem." "Nein, Rob, lass, ich will dir nicht deine Kunden vergraulen." Jetzt musste er lachen. "Keine Angst. Meine Kunden werden es lieben. Versprochen." - "Sagen Sie doch mal ehrlich, was sieht an dieser Hose schlecht aus?" Es gibt Kunden, denen sieh man zu deutlich an, dass sie keinen Stil haben. Dass sie sich immer mindestens dreimal beraten lassen und deshalb auch ein bisschen wie beraten aussehen. So wie dieser Kerl, der jetzt grade mit Robert redet. Typ Halbglatze, Börsenmakler oder so ähnlich, jedenfalls ein Inner-City-Hochhaus-Typ, den man ansieht, dass er dazu neigt, eher nachzuplappern als eine eigene Meinung zu haben. Für solche Leute, so scheint es, hat man grässliche Farbtöne in umständlich geschnittenen Jacketts aus kratzenden Material entworfen. Sie tragen sie, weil ihnen irgendwer eingeredet hat, dass das hip und stylish sei. "Nichts" sagt Robert "Mit dem weissen Polohemd sieht sie sogar ganz gut aus. OK, ist ne PIMCO-Hose, manche Läden wie das Vision achten auf sowas." "Ja, genau, Vision. Dieser bekloppte Türsteher vom Vision hat diese Hose als zu billig bemängelt. Was soll das? Ich meine, Hauptsache, das sieht halbwegs gut aus. Aber nein, man lässt ja nichts billiges ins Vision. Ausser Leute in Nike-Schuhen." "Solange sie schwarz sind, ich weiss. Der Türsteher ist n bischen komisch." "Finden Sie? Er hat sie immerhin empfohlen." "Oha. Dann scheint er wenigstens Geschmack zu haben." Der Typ guckt ihn kurz an, dann muss er lachen. "Ach komm sie, sie bezahlen den doch bestimmt." "Ja, das wirds sein." Sagt Robert mit so einen sympathisch ironischen Lächeln, dass jeder Gedanke daran beseitigt scheint. "Also, was hätten Sie da?" "Was besseres, sicher. Aber erstmal wird ihnen meine Assistentin, die ich gestern die ganze Nacht durchgefickt habe, so dass ihr Arsch noch glüht, bei ihnen Mass nehmen. Ist besser so. Dana!!" "Ja, Chef?" "Nimm den Herrn hier mal die Masse für eine ordentliche Hose ab und dann lass ihn was Schwarzes und was Hellgraues von Pierre Cardin probieren." "Ja,Chef!" "Und noch was, Dana!" "Ja, Chef?" "Du hast einen wundervollen Arsch!" "Danke, Chef!" sagt sie mit einen Augenzwinkern. Dana versucht, unbeeindruckt zu sein, wie normal. Doch ihr entgeht nicht, dass die Situation inzwischen anders ist als sonst. Dieser Kerl hier ist sicher beeindruckt von ihr, und im Normalfall hätte er ihr jede Menge Komplimente gemacht und sie mit Sicherheit gefragt, ob sie abends was vorhätte und ob man nicht mal zusammen weggehen könnte. Sie würde dann lächeln, wie das so ihre Art ist, und versuchen, den Kerl auf eine nette Art und Weise wegzukomplimentieren. Jetzt hingegen lächelt der Kerl nur freundlich. Sie spürt es, auf ihrer Haut, in ihren Venen, bei ihren Atemzügen. Sie ist kein einfaches Mädchen mehr für jeden. Sie ist die, die vom Chef persönlich gefickt wird. Das muss dieser Kerl erst mal akzeptieren, selbst wenn er dreimal soviel verdient wie Robert. Sie selbst ist erstaunt, wie gut ihr Plan aufgeht. Von wegen Herausforderung. Robert blüht auf. Er geniesst es, sie als Trophäe vorzuführen. Beim ersten Kunden hatte es noch etwas holprig gewirkt, aber mit jedem weiteren gefiel er sich mehr in der Rolle des Besitzers. 3 Meter gross scheint er jetzt zu sein. Hin und wieder kann sie beobachten, wie er sich an die Hose fasst und vorsichtig über seinen Schritt streicht. Zwischenzeitlich hatte er sie sich kurz gegriffen, in die Umkleidekabine gesteckt und abgeknutscht. "Sag, dass ich das gut mache!" "Du machst das fantastisch, super, wirklich erstklassig." "Gut, das reicht. Noch ein Wort und ich werd grössenwahnsinnig." "Na und? Dann wirst du eben grössenwahnsinnig." "Du weisst nicht, wie ich bin, wenn ich grössenwahnsinnig bin." "Wahrscheinlich läufst du dann die ganze Zeit mit einen Steifen herum." "Ja, genau." Er machte kleine Bewegungen mit seinen Becken gegen ihres, während sie langsam seinen Körper langstreichelt.Bis sich ihre Arme um seinen Nacken legen. Und dann küssen sie sich wieder. Und Dana hat das Gefühl zu fliegen. Komm mit mir, Dana, vor zum Abgrund. Lass uns gemeinsam runterspringen und den geilsten Kuss deines Lebens haben, bevor wir aufschlagen. Ihre Hände suchen sich, greifen ineinander. Eine Weile gucken sie sich an, nachdem sich ihre Lippen gelöst haben. "Keine Angst, ich hol dich schon wieder runter." sagt sie. Und Robert nickt langsam. Das Gefühl von Perfektion erfüllt sie selbst jetzt, hier, bei der Arbeit. Ja, sie gehört hierher. Die kleine sexy Chinesin von "Lasgo's". Sie ist Teil der Einrichtung. Früher war sie vor allem nett. Jetzt hingegen strahlt sie. Und das Strahlen greift über. Zwei junge Kerle betreten die Boutique, und wenn sie da draussen noch unbeholfen gewirkt hatten, so waren sie automatisch locker, als sie sie sahen. Ist ja auch nicht ganz einfach, was sie wollen. Also der eine von beiden, ein Schwarzer, hat eine Freundin. Und nein, sie sei eben keine Bitch, sondern was Ernstes. Er hat ein Foto mitgebracht, wo sie beide drauf zu sehen sind, er, der so "swag" sein will und neben ihr ein bisschen hilflos wirkt, und sie, die in Jungs-Klamotten rumläuft und so wirkt, als ob sie sich auch prügeln würde, wenn, ja wenn da nicht dieses schmachten wollende Gesicht mit den herzzerreisend naiven, überglücklichen Augen wären, bei denen man als Mann nun mal schwach wird, und, naja, er will ihr eben mal was richtiges schenken, wo sie echt sexy drin aussieht, aber eben wie eine Lady. Vielleicht wird sie es nur einmal tragen, aber sie soll sich drüber freuen. Dana nimmt bei ihm Mass, und muss sich nun anhand des Fotos das restliche denken. Man sucht eine Weile, was passen könnte, redet, quatscht, lacht, und eh man sich's versieht, ist man vom hundertste ins Tausendste und bei einer Party-Einladung angelangt. So charmant hervorgebracht, dass sie eigentlich kaum Nein sagen kann. Genau in dem Monent donnert Roberts Stimme von hinten "Dana!" "Ja, Chef?" ruft sie unsicher zurück. "Du hast das Florida-Zeugs mit den Europäern zusammengeschmissen! Legt das mal alles schön wieder dort hin, wo es hin soll!" "Was?" sie will protestieren, als sie plötzlich sein Gesicht sieht. Und sofort versteht. "Ach so, ja, mach ich sofort, Chef!" "Und danach legst du dich nackt auf den Schreibtisch, für den Mittagsfick!" brüllt er noch mal extra betont. "Ja,Chef!" Sie sieht die beiden verdatterten Jungs wieder lächelnd an. So nett die Einladung war, so nett ist sie grad abgelehnt. Sie hat noch nicht mal was dazu gesagt. Zuckt nur mit den Schultern, und geht hinter. Sie tut natürlich nur so, als ob sie runtergeht. Schleicht sich langsam nach oben und hört, wie die Jungs mit Robert quatschen. "Ihr Assistentin ist echt süss." "Ich weiss, sie mag euch bstimmt auch." "Meinen sie?" "Klar doch, Mann. Sie steht auf Kerle, die sie anpissen kann. Und ihr seht so schön unschuldig aus. Da fährt sie bestimmt drauf ab." "Anpissen?" sagt der andere, ein Kerl der so aussieht wie Justin Bieber aussehgen würde, wenn er Punk hören würde. Sein Swag-Bruder liefert das ungläubige Gesicht dazu. "Ja, genau, anpissen, und wenn ich sage anpissen, dann meine ich wirklich anpissen." "Warum sagen sie nicht einfach, wir sollen uns verpissen?" Das Gesicht des Schwarzen ist jetzt etwas gefasster. "Hey, Nein, Mann, ihr könnt ruhig mit hinterkommen, wird bestimmt ne schön feuchte Party." "Nee, schon OK, wir sind schon weg. Bleiben sie trotzdem sauber, Mann." Die Jungs gehen. Robert setzt sich zufrieden hin. Und Dana versucht, den Gedanken zu vertreiben, der sie ausgerechnet in dem Moment erfasst, wo sie sein Gesicht wieder sieht. "Gott, Robbi, was erzählst du da? Ich will dich anpissen? Oh Mann, das ist einfach nur - eklig!" Robert lacht. "Hey, ich wollt die beiden bloss loswerden, aber noch nett bleiben." "Ja, aber nun ausgerechnet so? Oh Mann, das ist....mir wird ganz anders! Warumm musstes du ausgerechnet DAS sagen? Wie krieg ich jetzt diesen blöden Gedanken aus meinen Kopf? Das ist..." "Ich glaub, ich liebe dich!" "Lenk nich vom Thema ab!" schimpfte sie erst. Dann erschrak sie über sich selbst."Hast du grad 'Ich liebe dich' gesagt?" Robert lächelt. "Ja. Bei jeder anderen Frau frag ich mich immer: was ist, wenn die mir Stress macht oder sinnlos mit mir streitet? Aber bei dir kann ich mir das nicht vorstellen. Ich glaub, du wirst mir nie auf den Keks gehen." Sie verstand das Lob. Sie verstand, dass sie jetzt eigentlich glücklich sein müsste. Doch so einfach ging das nicht."Du....du nimmst mich nicht ernst, nicht wahr?" "Doch, ich nehm dich ernst. Ich nehm dich verdammt ernst. Deswegen versuch ich grad zu begreifen, was dich so verrückt macht. Ich mein, es sind nur Worte, oder? Komm, sag mir, was es ist." Sie sah ihn an, als wolle sie sich beruhigen. Sah ihn direkt in die Augen. "Du würdest es tun, wenn ich es wollte, nicht wahr?" Robert sah sie eindringlich an. Dann, so schien es, verstand er das Problem, und legte sein Gesicht in seine Hände. Und Dana spürte, wie sich der Gedanke daran in ihrem Unterleib verstärkte. Ein Wort nur von ihm, und sie würde es tun. Für ihn, nicht für sich. Sie fürchtete sich. Am meisten davor, es plötzlich zu mögen. Für ihn. Ein Gefühl an der Grenze zwischen Abscheu und totaler Hingabe erfasste sie, während sie sah, wie Robert Körper mit diesem Konflikt kämpfte. Ja, er würde es tun. Wenn sie es wollte. Und er würde es jetzt nicht wollen. Für sie. Weil sie es nicht wollte. Aber was wollte er wirklich? Sie konnte sich vorstellen, dass er es eigentlich wolle. Wie bekam sie nur diesen Gedanken wieder weg? "Sag mir bitte, dass du nicht drauf stehst." Ja, er liebte sie. Er würde es tun wenn sie wollte. So wie er jetzt nicht wollte, weil sie es nicht wollte. Sie schüttelte vorsichtig den Kopf."Es ist nur...du würdest es tun, nicht wahr? Ich mein, du würdest alles für mich tun, oder? du würdest dich sogar vor nen Zug schmeissen wegen mir." Er lächelte ganz zaghaft."Nein, Dana, die Zeit ist vorbei. Ich würd dir jetzt den Hintern versohlen, wenn du sowas verlangen würdest." Sie atmete aus. Die Welt richtete sich wieder langsam. "Du kriegst den Gedanken jetzt augenblicklich aus deinem Kopf, hast du mich verstanden?" Sie nickte. "Sofort!" Sie nickte stärker. "OK" Robert stand auf. "Ich sagte sofort, auf der Stelle!" Das Grimmige, Böse in seiner Stimme beruhigte sie. "Yes, Sir!" sagte sie gestellt gehorsam. Im nächsten Moment stand er an ihr dran. "Sagtest du grad 'Yes,Sir'?" "Yes, Sir, ich sagte grad 'Yes,Sir', soll ich noch die Hacken zusammenknallen?" Ihr Blick war frech, schnippisch. Doch je länger Robert sie ansah, desto unsicherer wurde sie. Sie wusste nicht, was sie falsch gemacht hatte. Aber irgendwas musste sie falsch gemacht haben. Oder auch nicht. Je länger er sie so ansah, desto mehr verspürte sie den Drang, sich vor ihm auszuziehen. Wie als Geste der Unterwerfung. "Wenn, dann heisst es 'Sir, Yes, Sir'! Und du solltest dir gut überlegen, ob du das wirklich willst, denn wenn man erst mal damit angefangen hat, gibt es kein Entrinnen mehr. So ein Ausbilder macht dich fertig, der ist darauf spezialisiert." Dana guckt erst verwundert. Doch Robert nickt bedeutungsvoll. Und dann stellt er sich plötzlich hin wie so ein Ausbilder: breitbeinig, die Hände zu Fäusten betont in die Hüfte gesteckt, und ein Gesicht voller agressiver Verachtung. "Hörn sie mal, wie sehn sie denn aus? In diesem Aufzug sind sie nichts anderes als eine schwachsinnige Pfeife!!" Dann dreht er sich plötzlich rum, und gibt sich Mühe, einen gehorsamen Soldaten zu spielen. "Sir, Ja, Sir, ich seh aus wie eine totale Pfeife, Sir" Danach ging es Schlag auf Schlag im Wechsel. "Ich sagte sie sehen aus wie eine schwachsinnige Pfeife, sie totale Pfeife, haben sie das kapiert, Mann? Sir, Ja, Sir, ich sehe aus wie eine total schwachsinnige Pfeife, Sir! Wollen sie das abstreiten, Mann? Sir, Nein, Sir, ich streite das nicht ab, Sir! Warum tun sie's dann, sie Pfeife? Sir, Nein, Sir, ich streite es nicht ab, Sir! Sie tun es ja immer noch!!! Sir, Ja, Sir, ich streite ab, dass ich besagte Tatsache abstreite, Verzeihung, Sir! Das kostest sie mindestens 3 Runden um das gesamte Kasernengelände im Laufschritt mit hinterher 33 Liegestützen, wissen sie überhaupt, mit wem sie es zu tun haben, sie Pfeife?? Sir, Ja, Sir, Lieutenant Chief Offficer Lasgo, Sir!! Falsch, sie Pfeife, das kostet sie noch mal 33 Liegestütze, ich will, dass sie kotzen, Mann, damit sie sich eins gleich von vornherein merken: ich bin ihr verdammter Albtraum, haben sie das kapiert, sie Pfeife? Sir, Ja, Sir, sie sind mein verdammter Albtraum, Sir!!" Dana musste einfach lachen. Robert der Ausbilder hatte einfach zu grosse Freude daran, sein Opfer fertig zu machen. Aber noch alberner war Robert der gehorsame Soldat. Es passte so wenig zu Robert, sah so falsch bei ihm aus, dass sie die heimtückische Freude des Ausbilders, ihn fertig zu machen, sogar verstehen konnte. "Der Ausbilder kommt echt cool." sagt sie schliesslich. Robert versucht, wieder normal zu blicken. Und normal ruhig zu reden. "Vorsicht! Jemand könnte auf den Geschmack kommen." Eine Weile guckt sie ihn an, dreht den Kopf mal so, mal so, bis sie sagt "Ja. Ich vielleicht auch." Eine Weile guckt er sie an, bevor er nach hinten geht, und dabei die Melodie von "I Wanna Be Your Drill Instructor" pfeift.